Glück und Leid können im menschlichen Leben schnell wechseln. Solche Wechselfälle hält die Musik dieses Programms wie in Momentaufnahmen fest. Aufgeschrieben vor 300 Jahren haben diese Stücke nichts von ihrer Aktualität verloren und sind durch den Sinngehalt ihrer Worte und ausdrucksstarke Vertonung zeitlos. Hoffnung auf bessere Zeiten klingt in den Beschreibungen mühsamen Lebens in schweren Zeiten immer wieder an, selbst wenn wie in Scheins Motette Siehe an die Werk Gottes der einzige Trost lautet: … den bösen Tag nimm auch für gut. Das klingt masochistisch, kann aber in schwierigen Zeiten Mut machen, wenn Menschen nicht weiterwissen, aber ahnen, dass ihr Leben wechselhaft ist und bleiben wird.
Mut braucht auch Jephte in Carissimis gleichnamigen Einakter. Der mächtige Herrscher muss plötzlich im Handumdrehen seine geliebte Tochter opfern, um ein leichtfertig gegebenes Versprechen zu halten.
In John Blows Dialogue between Dives and Abraham versucht ein Reicher fadenscheinig und vergeblich, ins Himmelreich zu kommen. Und Lucifer stürzt in einem vergleichbaren Sketch in gnadenlose Verdammnis. Ähnliches trifft den intriganten Oliver Cromwell, den Charon mitleidlos in die Unterwelt zu peinigenden Furien treibt.
Mit ihrem düsteren Blick auf Jenseitiges erinnern diese kurzen Szenen an die englische Vorliebe für schwarzen Humor und zeigen, wie schnell gerade für Mächtige bis hin zu Politikern unserer Tage das Handeln kippen und clownesk werden kann. Shakespeare, Charly Chaplin und Monty Python haben ähnliches überzeugend dargestellt und hätten diese Szenarien vielleicht als Vorlagen geschätzt. Purcells Werke hingegen drücken auf ganz andere Weise und voller Hoffnung den menschlichen Wunsch aus, irgendwann von allem Irdischen erlöst zu sein.
Charpentier beschreibt in Reniement de Saint Pierre die Verzweiflung des in den Fluchtmodus geratenen Petrus, der seinen geliebten Freund verleugnet, um das eigene Leben zu retten. Dies und weitere zeitlose Schicksale im Programm offenbaren Abgründe, die sich auch heute auftun können. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mit dieser einfachen Überzeugung wohnt uns Menschen jedoch eine große Kraft inne, die in der abschließenden Schein-Motette schönsten Ausdruck findet.
Konzert mit Pause. Ende gegen 22:00 Uhr.
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